Martin Bade - Neuvorstellung
”verzeichnet”
Mit der neuen Ausstellung „Verzeichnet“ lenkt die Galerie Kristine Hamann die Aufmerksamkeit auf einen Künstler, der sich einem bestimmtem Genre nicht eindeutig zuordnen lässt. Genau das macht den in Lübeck lebenden Konzeptkünstler Martin Bade so spannend. Bisher bewegt sich Bade vorrangig in den Medien Zeichnung, Objekt, Fotografie, Grafik sowie im Bereich digitale Medien. Beeinflusst wurde er unter anderem von Marcel Duchamp, Joseph Heinrich Beuys und Lutz Dammbeck.
Martin Bade sucht nach formal unterschiedlichen Methoden, um einen kreativen Impuls experimentell weiterzuentwickeln, bis sich eine eigene Struktur herauskristallisiert, die in sich geschlossen scheint. Seine Arbeiten sind Gestalt gewordene Auseinandersetzung mit den vielfältigsten, ihn schon lange begleitenden Materialien, ebenso mit den mannigfaltigsten Formen des Erlebens. Die Gestaltungsästhetik von Bade wird überwiegend durch Technik und Material bestimmt. Neben den Zeichnungen auf Papier mit Tusche verwendet er als Material seiner Arbeiten teils auch den scheinbar nutzlos gewordenen Zivilisationsmüll, dem wir tagtäglich begegnen. Und zwar „Abfall“ eher im ursprünglichen, wertneutralen Wortsinn: als Rest, der am Ende übrig bleibt, als „etwas, das abfällt“. Auch Bade begreift dieses „Abgefallene“ weder als wertlosen noch als besonders wertvollen Rest. Doch gerade weil diese Dinge nach konventionellem Maßstab eher fehlerhaft, misslungen oder verbraucht erscheinen, setzen sie für Martin Bade unvorhersehbare Dynamiken frei.
So entstehen viele verschiedene Werkreihen, die ihn dann für einige Zeit bewegen und beschäftigen: Zeichnungen, Fotografien und experimentelle Objekte, von denen die Ausstellung exemplarisch einige Werke zeigt. Immer wieder greifen dabei Ideen ineinander, werden weiterverarbeitet und teilweise sogar ad absurdum geführt.
Das Werk „Oma’s tetraeder“ beispielsweise: eine Pyramide, aus zahlreichen Aluminiumkugeln bestehend, wird von einem Billard-Dreieck – US-amerikanischen Fabrikats aus den sechziger Jahren – eingefasst. Das Dreieck ist eines der wenigen Stücke, die Bade von seiner Oma geerbt hat. Die Kugeln fanden sich zufällig in dem Dreieck wieder und so nahm das Werk seinen Lauf.
Oder die kleinen Tuschezeichnungen, mit einer Blattgröße von H 21 x B 29 cm, von denen fünf in der Ausstellung zu sehen sind: Sie zeigen, wie sich Bade spielerisch Narrativen nähert. Sie bestehen aus minutiösen Formen, wie Punkten und Strichen. Der Titel der Ausstellung „Verzeichnet“ gibt einen Hinweis auf das assoziative Vorgehen.
Ebenso sind in der Ausstellung zwei Exemplare der Druckserie „Satellitescapesnapshots“ zu sehen. Sie entstanden aus einer digitalen Collage, auch Composite genannt. Hier komprimierte Bade mehrere Bilder eines Animationsfilms zu jeweils einem Bild. Zahlreiche Linien und grafische Elemente wecken die Assoziation zu futuristischen Welten.
Und letztendlich das am meisten abweichende Werk der Ausstellung mit dem Titel „Der Riss in der Rue Verde“, eine Fotocollage. Ein Stück Fleisch schwebt hier surreal vor einer Hausfassade. Auf dem Fleisch sehen wir eine Textpassage aus Jean-Paul Sartres Roman „Der Ekel“.
Man kann nur mutmaßen. Aber vielleicht liegen Fragen wie die folgenden der Kunst Martin Bades zugrunde: Was filtern wir aus Informationen und komplexen Sachverhalten heraus, was bleibt am Ende übrig? Und wie wirkt sich die Verarbeitung der Informationsflut auf uns Menschen aus? Sicher könnte Bade selbst noch viele weitere Fragen formulieren. So wie wir als Betrachter seiner Werke.
Martin Bade studierte Freie Kunst / Digital Media / Media Arts an der HBKsaar, Saarbrücken. Diverse Ausstellungen im Inland machten ihn einem ausgewählten Publikum bekannt. Er lebt und arbeitet in Lübeck. Dies ist seine erste Ausstellung in der Galerie Hamann.
Text: Kristine Hamann, 2021