Kunstpreis für Sebastian Menzke
Am Freitag, dem 4. März nahm ich stellvertretend für Sebastian Menzke die Auszeichnung der Kulturstiftung Karlsruhe von Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup entgegen. Die Fachjuroren Prof. Dr. Götz Adriani (Vorstand der Stiftung der Kunsthalle Tübingen), Dr. Brigitte Baumstark (Leiterin der Städtischen Galerie Karlsruhe), Prof. Erwin Gross (Staatliche Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe) und Prof. Dr. Pia Müller-Tamm (Direktorin der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe) vergaben an Sebastian Menzke den 1. Platz.
In der Laudatio hieß es: „Mit dem Werk ‚obscured‘ erweist Sebastian Menzke in seiner Bildherstellung den Künstlern der historischen Avantgarde seine Referenz.“
Eingereicht wurden 700 Arbeiten internationaler Künstler. Honoriert wurde der Preis mit 5.000 € und einem Ankauf der Kulturstiftung.
Was hat es mit dem Werk obscured auf sich?
Das Bild zeigt ein eindrucksvolles Kompositwesen, aslo einen aus Einzelteilen zusammengesetzten verdinglichten Kunstkörper. Die Dadaisten und die Surrealisten haben in ihren geklebten und gemalten Collagen das Thema in allen denkbaren Variationen durchgespielt, und auch Sebastian Menzke erweist in seiner technischen Bildherstellung den Künstlern der historischen Avantgarde seine Referenz: Am Anfang stand auch bei ihm die Arbeit nach dem Prinzip Collage, das heißt, das Zergliedern, Zerstückeln und das neu wieder Zusammensetzen sind wichtige Verfahrensschritte in seinem Werkprozess. Menzke schneidet Fragmente von weiblichen Figuren und von Schaufensterpuppen aus Bildvorlagen aus; diese Schnipsel der weiblichen Anatomie dienen ihm als Bausatz für die Konstruktion eines neuen hybriden und Collagekörpers. Diesen überträgt der Künstler dann in Malerei und schafft aus dem technischen Hybrid der Collage ein in der Oberfläche vereinheitlichtes Gemälde - ein Gemälde, das allerdings seine Herkunft aus der geschnittenen und geklebten Papiercollage noch deutlich zu erkennen gibt. Denn er hat die Nähte zwischen den Elementen mit dem Pinsel minutiös nachempfunden, hat aus gemalten Körperteilen, Möbelstücken und Textilien ein anorganisches Gebilde geschaffen, das wie jedes Menschenimitat, das seine körperliche Unversehrtheit verloren hat, Irritationen im Betrachter auslöst. Menzkes paradoxes Körperalphabet vermittelt die Vorstellung, man könnte die weiblichen Gliedmaßen und die Puppenteile beliebig weiter vervielfältigen und sie auf unterschiedlichste Weise neu montieren und kombinieren. Er verabschiedet damit jedes Bild von organischer Ganzheit; sein schillerndes Artefakt lässt sich weder begehren noch lustvoll besitzen, es ist ein Schaustück, für die Phantasie des Betrachters, der die gemischten, die ambivalenten Gefühle bevorzugt.
Pia Müller - Tamm, Direktorin der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe