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Christofer Kochs


CHRISTOFER KOCHS
"FREIDREHEN"

Malerei / Zeichnung
Ausstellungszeitraum 18.8.2017 – 30.9. 2017

Kernöffnungszeiten
Dienstag - Freitag 13 Uhr - 18 Uhr, Samstag 11 Uhr - 16 Uhr

Freidrehen 2 50 x 60 cm, 2017-3.jpg

Christofer Kochs – FREIDREHEN. Von Möglichkeitsräumen und Zeitreisen.

Wie verblasste Erinnerungen oder fragmentarische Traumsequenzen wirken die Arbeiten von Christofer Kochs. Schemenhafte Figuren bevölkern die meist in gedeckten Farbtönen und oft in Schwarz-Weiß-Grau gehaltenen Bilder, mal allein, mal zu zweit, mal als Gruppe. Manche von ihnen befinden sich in einem räumlichen Kontext, agieren in einem Gefüge aus mehreren Gebäuden, andere bewegen sich vor abstrakt gestalteten Hintergründen. Allen Figuren gemeinsam ist jedoch, dass wir sie nicht identifizieren können. Den Gesichtern fehlen meist die Binnenzeichnungen, oder aber diese sind derart vage angedeutet, dass sich kein konkretes Porträt herausbildet. Doch gerade dieses Diffuse macht die Arbeiten umso eingängiger. Die Szenen könnten auch aus einem unserer eigenen Träume oder aus dem Fotoalbum der eigenen Großeltern stammen. Die offenen Gesichter bieten eine Projektionsfläche, welche wir als Betrachter mit unseren Ideen und Vorstellungen auffüllen können. Offen sind darüber hinaus auch die dargestellten Situationen – keine erklärt sich, keine ist eindeutig. Es sind rätselhafte, surreale Geschehnisse, deren weiterer Verlauf in der Vorstellung des Betrachters liegt. So bietet jedes Bild einen Kosmos an Möglichkeiten, an potenziellen Erzählsträngen.

Diese sind allerdings nicht nur im Inhalt, sondern auch auf formaler Ebene gegeben. Denn Christofer Kochs Leinwände sind gefaltet. Dadurch gewinnen die Bilder zum einen eine eigenwillige und sehr präsente Haptik. Die Materialität des Bildes rückt wesentlich stärker in den Fokus, da schon allein durch die Faltungen viel mehr Material vorhanden ist. Zum anderen generieren diese Faltungen ebenfalls Möglichkeiten oder eröffnen vielmehr weitere Bilddimensionen. Durch die unsichtbaren Teile der Leinwand, die sich in diesen Faltungen verbergen, existiert eine immense Summe an Variablen, deren Visualisierung lediglich im Geiste des Betrachters stattfinden kann, die aber dennoch vorhanden sind. Der geraffte Bildraum birgt so Vorstellungen, Potenziale und gleichzeitig eine Reflexion über unser Sehen. Ein weiterer Effekt der Faltungen ist auch, dass die Bildoberfläche wie prismatisch zerlegt wirkt. So werden unsere Sehgewohnheiten aufgebrochen. Die Leinwand erhält mehr als nur eine Perspektive – ähnlich einem Zeitreisenden bildet sich für den Betrachter hier die Welt in vielen Ebenen gleichzeitig ab, in gestauchter Zeit und gefaltetem Raum. Die im Bild festgehaltenen Momente unterstreichen diesen Aspekt zusätzlich – es sind durchweg höchst konzentrierte Situationen, die der Künstler einfängt und die wie im Moment verharrend erscheinen. Die Protagonisten sind – selbst wenn sie sich über Gestik artikulieren und so miteinander zu interagieren scheinen – doch ganz im Augenblick versunken. Wir können nur Vermutungen darüber anstellen, woran sie denken, was sie beschäftigt, was sich abspielt. Die durchweg poetischen und gehaltvollen Titel der Arbeiten befeuern die Imagination und das Spiel der Assoziationen und Gedanken zusätzlich.

FREIDREHEN – der Titel der Ausstellung ist Programm. Man verlässt den Galerieraum nachdenklich, die Bilder wirken noch lange als Nachbilder vor dem geistigen Auge. Gerade weil sie so offen, so vage, so aufgeladen mit Möglichkeiten sind. Die Gedanken kreisen weiter und es wäre nicht verwunderlich, würde der eine oder andere Besucher am nächsten Morgen aufwachen und sich an die Malereien von Christofer Kochs als Szenarien der eigenen Träume erinnern.

 

Christofer Kochs

Earlier Event: July 21
Art Bodensee 2017
Later Event: October 6
Thomas Riess